Auszug aus der Chronik Hirschsprung: SchneidemühleDas Grundstück der heutigen Schneidemühle gehörte einst zum Besitz des Rittergutes Hirschsprung, das Hans von Nassau 1549 aus einem Vorwerk zum Rittergut erheben lassen konnte. 1588 kaufte der Bergbauinspektor Thomas Kluge aus Obergeising das Rittergut. Er gehörte zu einer begüterten und angesehenen Patrizierfamilie, die sowohl auf sächsischer als auch auf böhmischer Seite Besitzungen hatte, so das Rittergut Haselberg bei Gottleuba und den Althof bei Graupen. In Altenberg besaß er am Geisingberg das Rühlingsche Vorwerk (später Büttner Vorwerk). Thomas Kluge wollte das wirtschaftlich schwache Rittergut Hirschsprung stärken, deshalb erbaute er 1589 bielaabwärts von seiner Mahlmühle (heutige Ladenmühle) eine Brettmühle. Vorher stand an dieser Stelle vermutlich Simon Frausteins Pochwerk, das Oeder in seiner Karte anführt. Davon zeugen noch Mauerreste, ein steinerner Pochtrog und der erkennbare Verlauf eines Mühlgrabens am Berghang. Der Bau dieser Schneidemühle geschah ohne Wissen des Amtes Altenberg, deshalb musste er eine „gepfefferte“ Strafe zahlen und das Amt wachte außerdem argwöhnisch über das Treiben Thomas Kluges im Bielatal. In alten Gerichtsakten heißt es: Er hat „in das angrenzende Kirchenholz einen merklichen Eingriff getan, viel Holz platzweise)* und sonst einzeln geschlagen und zu sich gezogen“. Für diesen Holzdiebstahl musste er abermals 100 Gulden Strafe zahlen. Das Geld wurde von der Kirche zum Ankauf einer neuen Glocke verwendet. Thomas Kluge wurde auch der Wilddieberei verdächtigt. Dies führte schließlich dazu, dass er das Gut 1597 an seinen Sohn Thomas Kluge jun. übergeben musste. Vom jüngeren Kluge berichtet die Chronik, dass er noch „ruppiger“ als sein Vater gewesen sei. Gleich im ersten Jahr nach der Übernahme des Rittergutes bekam er Streit mit dem Altenberger Rate. In der Hitze einer Auseinandersetzung übermannte ihn der Zorn derart, dass er den Stadtvogt Franz Kempff auf der Ratsstelle niederstach. Für diese Freveltat musste er 3000 Gulden Strafe und der Witwe des Stadtvogtes außerdem eine Entschädigung von 500 Gulden zahlen. Damals galt die „Carolina“, die vom Kaiser Karl V. erlassene „peinliche Halsgerichtsordnung“. Danach konnte ein Dieb an den Galgen kommen und eine der Hexerei verschrieene Frau auf dem Scheiterhaufen verbrannt werden, jedoch Totschlag konnte durch die Zahlung eines „Wer- oder Manngeldes“ gesühnt werden. Noch früher wurde für so eine Tat die Aufstellung eines Sühnekreuzes sowie das Lesen einer Anzahl von Messen für das Seelenheil des Getöteten gefordert. Um die Geldsumme aufzubringen, musste Thomas Kluge jun. seine Kuxe am Bergwerk Altenberg und 1602 auch das Rittergut an Ambrosius Leubnitz verkaufen. Somit wechselte auch die dazugehörige Brettmühle den Besitzer. Der Besitzwechsel des wirtschaftlich schwachen Rittergutes erfolgte auch wegen kriegerischer Ereignisse recht häufig. In den folgenden 200 Jahren bis zur ersten Verpachtung der Brettmühle weist Klengel in seiner Chronik 16 Besitzer nach. Im 30-jährigen Krieg (1618-1648) wurde die Mahl- und Brettmühle des Rittergutes am Ladenberg niedergebrannt und beide lagen längere Zeit wüst: „Die Mahl- und Brettmühle am Ladenberge war bis auf den Grund abgebrannt, das Wohnhaus nicht anders als eine Baustätte zu achten, Wiesen uns Acker sehr durchfahren und ganz wüste und öde geworden und mit Gestrüpp angeflogen“. Wann der Wiederaufbau der Brettmühle erfolgte, ist in der Chronik nicht niedergeschrieben. Der damalige Besitzer des Rittergutes Hans Schütze verkaufte 1653, um Geld für den Aufbau des Gutes zu beschaffen, etliche Besitzungen an der Galgenleite, so auch die Mühle an der Kleinen Biela (spätere Rauschermühle). Somit ist anzunehmen, dass nach 1653 die Brettmühle wieder errichtet wurde. Am 22.08.1804 überließ der Rittergutsbesitzer Salomo Gottlob Bienert, zunächst pachtweise bald darauf aber durch Verkauf die Ladenmühle mit der Brettmühle, dem Johann Gottfried Lehmann. Im Vertrag wird angeführt, dass dazu ein Garten, ein Stück Feld eine Wiese sowie die Eier-, Wein- und Branntweinschankgerechtigkeit gehörte. Lehmann hatte dafür 1800 Taler sowie einen jährlichen Erbzins von 25 Talern zu zahlen. Ferner hatte er die Verpflichtung auf eigene Kosten den Mühlgraben, die Teiche, den Wildzaun und die Straßenbrücke zu erhalten. Bereits 1807 wird das Anwesen mit allen Rechten und Gerechtigkeiten für 1841 Taler, 7 Groschen und 6 Pfennigen weiterverkauft an den Müller Carl August Helbig aus Öderan. 1873 verkaufte die Familie Helbig die Ladenmühle und die Brettmühle mit allem was dazu gehörte an den Schneidemüller Wilhelm Karl August Böttrich aus Kühnhaide. Er hatte vorher in Bömisch-Kühnhaide eine Schneidemühle gepachtet, wohnte aber bei seiner Familie gleich über den Grenzbach Schwarze Pockau auf der sächsischen Seite im Wurzgarten dem Richterhaus. Im gehörte auch das Hammerhaus an der Grenzbrücke. Am 1.4.1866 heiratete er in Altenberg Marie Auguste Meißner. Dies mag wohl auch der Grund gewesen sein, sich in Hirschsprung niederzulassen. Wilhelm Karl August Böttrich, oder der alte Ladenmüller, wie ihn Schmidt in seinen „Kursächsischen Streifzügen“ titulierte, war ein sehr rühriger Mann. Zusammen mit seinen beiden Söhnen Arwed Ruffinius Böttrich und Armin Böttrich entfaltete er in Hirschsprung eine rege Bautätigkeit. Nach seinem Tode 1904 erhielt Arwed Ruffinius Böttrich die Ladenmühle und die Schneidemühle und Armin Böttrich das Gut Böttrich mit knapp 10 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche am Hirschsprunger Dorfbach und in Richtung Altenberg am Vorwerksweg. Geschichte zum heutigen Sägewerk Die alte untere Brettmühle an der Biela wurde 1899 abgerissen und bis 1907 als Schneidemühle (1), etwa so wie wir sie heute kennen, neu errichtet. Im Keller wird 1904 eine doppelte Spiralturbine der Maschinenfabrik Germania Chemnitz mit 18 PS bei 0,180 m³/s Höchstaufschlagsmenge aufgestellt. 1907 wurde das 65er Vollgatter von der Firma Gebrüder Lein aus Pirna eingebaut, das heute noch voll funktionstüchtig ist. Das Aufschlagswasser für die Mühlen stammt aus der Großen Biela. Dazu wurde oberhalb Hirschsprungs am Zusammenfluss des Warmbachs mit dem Kohlgrundbach der Kohlgrundteich als Speicher angelegt; denn die laufende Wasserführung der Biela war für den Betrieb der Mühlen nicht immer ausreichend. Über die Biela, Mühlgraben und Rohrleitungen wurde eine sinnvolle Mehrfachnutzung des Wassers in der Mahlmühle sowie der oberen und unteren Brettmühle erzielt. Dabei wurde noch das Wasser vom Hirschsprunger Dorfbach eingespeist. Um 1910 wurde zwischen dem Gut Böttrich und der Schneidemühle noch ein zweiter Speicher errichtet. Über eine Rohrleitung aus 50er Steinzeugrohren gelangte das Wasser zur Turbine. Nachts füllten sich die Speicher aus der Biela und konnten am Tage das Wasser durch Öffnen der Schützen an die Mühlen abgeben. Heute wird die Wasserkraft nicht mehr genutzt, der Mühlgraben ist zugeschüttet, die Rohrleitungen existieren nur noch fragmentarisch. Der untere Teich liegt trocken. Nur der Kohlgrundteich wird als Löschwasserteich erhalten. Als Nebengebäude (2) wurde das Kutscherhaus mit Pferdestall errichtet, denn für den Holztransport wurden die Zugtiere benötigt und ein Kutscher wurde angestellt. Arwed Böttrich kaufte das Langholz bei der Forstverwaltung, stellte daraus Balken und Bretter her, hobelte bei Bedarf das Holz und verkaufte es an seine Kunden. 1918 wurde in der Schneidemühle mit der Kistenfabrikation begonnen. Dazu errichtete man über dem eigentlichen Sägewerk im Erdgeschoss, wo das Gatter steht, den Kistenboden mit den dazu notwendigen Holzverarbeitungsmaschinen. Zum Transport der Kisten besaß das Sägewerk von 1919 bis 1924 sogar einen LKW Horch, den man aus Heeresbeständen erworben hatte. Noch zu Lebzeiten übergab Arwed Ruffinius Böttrich die Schneidemühle 1938 an seinen Sohn Wilhelm Heinrich Böttrich. In dieser Zeit bekommt das Sägewerk eine neue Zweifach-Francis-Spiralturbine mit liegender Welle. Die Leistung beträgt 21 PS bei 200l/s Höchstaufschlagwassermenge. Die Turbine und ein Elektromotor treiben das Sägegatter sowie über Transmissionen auch Kreissägen und Hobelmaschine gemeinsam an. Die Wasserkraftanlage dient auch zur Eigenstromerzeugung. Wilhelm Böttrich führt die Firma über die schwierigen Kriegs- und Nachkriegszeiten bis 1964. Sein Schwiegersohn Alfred Schulze übernahm den Betrieb und gestaltete ihn um. Den wirtschaftlichen Zwängen der Zeit folgend, schuf er aus einer reinen Schneidemühle einen handwerklichen Gestellbaubetrieb, insbesondere für Postermöbel. Das Sägegatter blieb jedoch erhalten. Gleichzeitig wurde der Antrieb der Maschinerie von der Wasserkraft auf Elektroenergie vollzogen. Nach der Wende 1990 übernahm sein Sohn Theodor Schulze die Schneidemühle und nutzte sie für Tischlerei, Gestellbau und als Sägewerk. Er modernisierte die Produktion entsprechend den neuen Möglichkeiten und baute eine Verbrennungsanlage für die Holzabfälle ein wodurch eine billige Wärmequelle erschlossen wurde. Über 5 Generationen blieb die Schneidemühle im Besitz der Familie Böttrich bis sie 2001 Theodor Schulze an den Zimmermann Jan Neubert aus Falkenhain verkaufte. Jan Neubert ist z.Z. mit seinem Vater dabei, den Betrieb im Rahmen des alten Grundrisses und vor allem den Wohnbereich zu modernisieren und umzugestalten. Das alte Gatter wurde erhalten und leistet weiterhin gute Arbeit. Künftig soll wieder vorwiegend Holzschnitt durchgeführt werden. Dieter Böttrich, 30.11.02 |